Meinung:
Ein kleines Ökostrom-Glossar
VON JOSEF URSCHITZ (Die Presse) 25.09.2004

Nachdem die Diskussion um die Umstellung der Ökostromförderung immer lichtere intellektuelle Höhen erklimmt - gestern hat etwa der Kärntner Energie-Landesrat sinngemäß eine Forderung des Inhalts "Ökostromzuschläge ja, aber sie dürfen nichts kosten" aufgestellt - stehen normale Stromrechnungszahler (beispielsweise Sie und ich) mit ihrer ebenso normalen Logik manchmal ein bisschen ratlos da. Das muss aber nicht sein: Mit der richtigen Übersetzung der Diskussionsbeiträge wird das Bild gleich wieder viel klarer. Deshalb hier ein Glossar der wichtigsten Begriffe:
Planungssicherheit. Steht für eine (in der Staatswirtschaft und im Agrarbereich nicht so neue) Form der Arbeitsteilung: Ökostromunternehmer übernehmen den Gewinn, Strombezieher in Form von unbegrenzten Zuschüssen das unternehmerische Risiko. Ist durch die Einführung von Effizienzkriterien im neuen Ökostromgesetz gefährdet.
CO2-Neutralität. Großer Vorteil von Biomasse-Kraftwerken. Ist insbesondere dann gegeben, wenn das Importholz, das in großem Stil in solchen Anlagen verfeuert wird, mit solarbetriebenen Lastern herangekarrt wird.
Sonnenkraft. Dient technisch gesehen dazu, in Fotovoltaik-Anlagen gespeicherte fossile Energie (zur Herstellung und Entsorgung von Solarzellen ist beim derzeitigen Stand der Technik nämlich mehr Energie nötig, als diese dann während ihres Lebenszyklus aus der Sonne zapfen) freizusetzen.
Deckelung. Begrenzung der Förderung. Ganz schlecht, weil man dann die Verteilung der Mittel überlegen und möglicherweise die sinnvollsten Projekte vorreihen muss. Wie soll denn das mit unserer Gießkannen-Förderkultur zusammenpassen?
Effizienzkriterien. Noch schlechter. Wo soll denn das hinführen, wenn man den Zahlern auch noch Rechenschaft über das bereitgestellte Geld ablegen soll?
Ausbaustopp. Droht nach Ansicht der Ökoenergie-Organisationen, wenn die geplanten Effizienzkriterien Gesetz werden. Das lässt aber keinen Rückschluss auf die Effizienz der Projekte zu, gell?
Rechtsunsicherheit. Droht nach Ansicht der Agrarlobby, wenn der gesetzliche Anspruch auf Abnahme und Vergütung des erzeugten Stroms nur noch "nach Maßgabe der Fördermittel" gilt.
Ewiggestriger. Ökosoziales Codewort für alle, die die hippe Ökostrom-Party mit der klassischen Wirtshausfrage ("wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt?") stören.

Sieht man jetzt klarer? Dann können wir ja in Ruhe die Gesetzwerdung des Bartenstein'schen Ökostromgesetzes abwarten. Und danach ernsthaft zu diskutieren beginnen, wie wir unter möglichst effizientem Mitteleinsatz, ohne die Standortqualität noch weiter zu verschlechtern, mittelfristig die besten Wege aus der Erdölwirtschaft finden. Denn dass wir das müssen, ist ja keine Frage. Und dass dabei Biomasse, Fotovoltaik und auch Windenergie eine große Rolle spielen werden, auch nicht. Es geht nur darum, die Mittel wirklich ausschließlich in zukunftsträchtige Projekte zu stecken - und nicht ein neues Subventionsbiotop für handaufhaltende Auskenner zu schaffen.


josef.urschitz@diepresse.com

Beim Ausstieg aus der Erdölwirtschaft muss man nicht neue Subventionsbiotope schaffen.